Gute Gründe
für eine lebzeitige SchenkungSchenken mit warmer Hand – alles Wichtige zur lebzeitigen Zuwendung
Wer jemandem sein gesamtes Vermögen geben will, dem ist anzuraten, ein Testament mit entsprechender Alleinerbeinsetzung zu errichten. Will jemand dagegen seinem Ehegatten oder einem Kind einen einzelnen Gegenstand zuwenden, bietet sich alternativ eine lebzeitige Zuwendung an, auch -> vorweggenommene Erbfolge genannt. Die Erbfolge wird bezüglich des zuzuwendenden Gegenstands sozusagen vorgezogen.
Vorweggenommene Erbfolge: Durch die vorweggenommene Erbfolge kann die Nachfolge in bestimmte Vermögensgegenstände, wie z. B. eine Immobilie oder einen Betrieb, zu Lebzeiten gesteuert werden. Eine Beratung durch die Notarin bzw. den Notar und den Steuerberater ist hier dringend anzuraten. Für die Übertragung von Grundbesitz und bestimmtem Betriebsvermögen ist notarielle Mitwirkung gesetzlich vorgeschrieben.
Für eine lebzeitige Zuwendung können gute Gründe sprechen:
- Eltern möchten Ihren Kindern den Berufsstart oder die Familiengründung mit einer Schenkung (Startkapital) erleichtern;
- Eltern schenken Ihren Kindern einen Bauplatz oder das Kapital zum Erwerb eines Bauplatzes;
- in einem Familienunternehmen soll die Nachfolgefrage zu Lebzeiten geregelt werden;
- der Vermögensübergang zwischen den Generationen soll steuerlich optimiert werden.
Aber Vorsicht! Immer muss dem Übertragenden klar sei: Geschenkt ist geschenkt; was weg ist, ist weg! Sich rein von steuerlichen oder sozialrechtlichen Überlegungen leiten zu lassen, kann ins Auge gehen. Wer etwa eine Immobilie überträgt, kann diese später z. B. nicht mehr selbst veräußern.
Kann ich trotz Übertragung weiter in meiner Wohnung bleiben? Wer versorgt mich im Alter?
Rechtlos ist man aber deshalb nicht. Glücklicherweise kennt das deutsche Recht viele Möglichkeiten, die Interessen der Beteiligten nach deren individuellen Bedürfnissen auszutarieren.
Eltern äußern zum Beispiel häufig den Wunsch, die Immobilie oder eine bestimmte Wohnung in der Immobilie zu Lebzeiten (weiter) bewohnen zu dürfen. In diesem Fall wird Ihre Notarin bzw. Notar die Vereinbarung eines -> Wohnrechts oder eines -> Nießbrauchrechts vorschlagen.
Wohnungsrecht: Durch ein Wohnungsrecht wird der Übergeber in die Lage versetzt, die übertragene Immobilie oder einen Teil der Immobilie weiterhin zu bewohnen. Wie das Wort bereits sagt: Das Wohnungsrecht berechtigt nur zum Wohnen. Eine Vermietung oder ein Verkauf durch den Übergeber ist ausgeschlossen.
Nießbrauchrecht: Mit einem Nießbrauchrecht behält der Übergeber die Befugnis, die übertragene Immobilie weiterhin unbeschränkt zu nutzen. Er ist nicht mehr der Eigentümer, kann den Grundbesitz aber wie bisher z. B. selbst nutzen oder auch vermieten. Die Mieteinnahmen stehen ihm zu. Regelmäßig trägt der Übergeber dann auch weiterhin sämtliche Kosten des Grundbesitzes.
Wohnungs- und Nießbrauchrecht enden regelmäßig mit dem Versterben des Übergebers.
Eine weitere Möglichkeit, den Übergeber im Übergabevertrag abzusichern, stellt die Vereinbarung einer auf Lebenszeit zu zahlenden Rente dar. Zur Sicherstellung dieser Rentenzahlungsverpflichtung kann eine sogenannte Reallast im Grundbuch eingetragen werden. Möchte der Übergeber sich in Zukunft gepflegt und versorgt wissen, kann auch dies geregelt werden.
Grabpflege, Beerdigungskosten
Oft geht der Wunsch des Überhebers dahin, dass im Rahmen des Übergabevertrags auch über die Beerdigungskosten und die Grabpflege gesprochen wird. Wer kümmert sich später um mein Grab? Derjenige, der das Familienheim bekommt, ist häufig ohnehin vor Ort. Da liegt es nahe, dass dieser im Übergabevertrag entsprechende Verpflichtungen übernimmt.
Ich möchte meine Immobilie wieder zurück.
„Geschenkt ist geschenkt“ lautet die goldene Regel. Eine Übertragung macht nur dann Sinn, wenn man Vertrauen zum Übernehmer hat.
Es ist jedoch möglich, sich für bestimmte Ausnahmefälle im Übergabevertrag das -> Rückforderungsrecht vorzubehalten. Vorsorge sollte z. B. getroffen werden für den Fall, dass der Übernehmer vor dem Übergeber verstirbt. Sonst besteht die Gefahr, dass die übertragene Immobilie in andere Hände gerät als vom Übergeber gewollt. Weiter sollte über ein Rückforderungsrecht für den Fall der Weiterveräußerung oder der Belastung mit Grundschulden seitens des Übernehmers nachgedacht werden. Hat der Übernehmer finanzielle Probleme und wird über sein Vermögen die Privatinsolvenz eröffnet oder droht die Zwangsversteigerung in die übertragene Immobilie, muss der Übergeber hilflos zuschauen, wie „sein“ Haus in die Hände der Gläubiger fällt. Auch hier hilft ein Rückforderungsrecht.
Rückforderungsrecht: Für bestimmte Fälle kann in Form eines Rückforderungsrechts Vorsorge getroffen werden. Das Rückforderungsrecht ist ein sogenanntes Gestaltungsrecht. Ob es vom Übergeber geltend gemacht wird oder nicht, entscheidet nur er. Durch die Ausübung des Rückforderungsrechts kommt es zur Rückabwicklung des Übertragungsvertrages. Der Übergeber wird wieder Eigentümer.
Was bekommen die Geschwister des Übernehmers?
Meist ist es der Wunsch der Eltern, ihre Kinder möglichst gleich zu behandeln. Oft ist dies aber nicht zeitgleich möglich. Oder aber das gesamte Familienvermögen besteht im wesentlichen aus der zu verschenkenden Immobilie.
In diesen Fällen ist zu prüfen, ob der Übergeber selbst in der Lage ist, Ausgleichsbeträge an die weichenden Kinder zu zahlen oder ob der Übernehmer seine Geschwister auszahlen soll. Entsprechende Regelungen müssen verbindlich im Übergabevertrag festgehalten werden.
Wie wirkt sich die lebzeitige Zuwendung im Erbfall aus?
Wer zu Lebzeiten wesentliche Vermögensteile verschenkt, sollte sich unbedingt auch Gedanken über die Auswirkungen im Erbfall machen.
So könnten beschenkte Kinder zum Beispiel nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil geltend machen und damit die Absicherung des überlebenden Elternteils gefährden. Um dies auszuschließen wird in Übergabeverträgen häufig geregelt, dass der Beschenkte einen -> Pflichtteilsverzicht nach dem erstversterbenden Elternteil erklärt oder sich aber das Geschenk zumindest auf den Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen muss.
Pflichtteilsverzicht: Da der Übernehmer mit dem Familienheim oft schon das Hauptvermögen bekommen hat, soll eine doppelte Begünstigung über das Erbrecht vermieden werden. Zum Schutz, dass der Übernehmer nicht auch noch seinen Pflichtteil aus dem restlichen Vermögen beansprucht, kann bei der Übergabe ein Pflichtteilsverzicht oder eine Pflichtteilsanrechnung vereinbart werden.
Können weichende Geschwister nicht bereits zu Lebzeiten einen Ausgleich erhalten, können auch diese auf erbrechtlichem Weg gleichgestellt werden, etwa indem die Eltern diese testamentarisch bevorzugt berücksichtigen oder aber eine erbrechtliche Anrechnung des Geschenkten verfügen (sog. -> Ausgleichung).
Ausgleichung: Unter der Ausgleichung versteht man die Bestimmung, wie die lebzeitige Zuwendung im Erbfall behandelt wird. So kann vom Übergeber angeordnet werden, dass der Wert der Zuwendung auf den Erbteil des Übernehmers angerechnet wird, dieser beim Erbfall demnach entsprechend weniger bekommt.
Ratsam ist, alle betroffenen Familienangehörigen in die Gestaltungsüberlegungen mit einzubeziehen. Wer vor Abschluss des Übergabevertrages gehört wurde, wird das Ergebnis später kaum als ungerecht empfinden. Im Familienkreis kann dann auch besprochen werden, wie vom Übernehmer übernommene Verpflichtungen (Rentenzahlungen, Pflegeverpflichtungen) bewertet werden. Späteren Familienstreitigkeiten kann so sinnvoll vorgebeugt werden.
Die Unternehmensnachfolge
Gerade bei der Unternehmensnachfolge gilt: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold! Besprechen Sie die geplante Nachfolge in allen Einzelheiten mit Ihren Beratern. Die Vorteile einer notariellen und steuerlichen Beratung wiegen die Kosten hierfür bei Weitem auf.
Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb oder eine Firma übergeben, kann es richtig kompliziert werden. Was gehört alles zum Unternehmen? Welche Arbeitsverträge gibt es, welche Lieferantenverträge? Sind Schulden vorhanden? Fragen über Fragen…
Bei der Unternehmensnachfolge sind auch die zugrundeliegenden Gesellschaftsverträge zu prüfen. Wer kann Nachfolger sein? Gibt es Beschränkungen im Personenkreis? So kann z. B. der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass der Übernehmer eine bestimmte Berufsausbildung haben, ein bestimmtes Alter erreicht haben oder zwingend ein Abkömmling der Übergebers sein muss. Bestehen Ankaufsrechte der übrigen Gesellschafter beim Ausscheiden des Übergebers aus der Gesellschaft?
Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb übertragen, kann sich der Übergeber durch ein sogenanntes Altenteil, auch Leibgeding genannt, für die Zukunft absichern. Die Ausgestaltung des Altenteils ist Sache von Übergeber und Übernehmer. Zum Teil gelten sogar von Bundesland zu Bundesland verschiedene Regelungen.
Überlassen Sie hier nichts dem Zufall und ganz bestimmt nicht der gesetzlichen Erbfolge. Die Komplexität einer Betriebsnachfolge lässt sich in jedem Fall besser unter Lebenden und einverständlich mit allen Beteiligten regeln.
Muss ich oder der Übernehmer Steuern für die Übergabe bezahlen?
Eine lebzeitige Zuwendung wird steuerlich grundsätzlich nach den gleichen Regeln wie ein Erwerb aufgrund Erbfolge beurteilt. So ist das einschlägige Steuerrecht für die lebzeitige Zuwendung und die Erbfolge in einem einheitlichen Gesetz geregelt: dem Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz. Grunderwerbsteuer, wie z. B. bei einem Kaufvertrag über eine Immobilie, fällt nicht an.
Vor allem die Freibeträge müssen bei der Gestaltung einer Vermögensnachfolge berücksichtigt werden. Vereinfacht kann man sagen: Je näher das Verwandtschaftsverhältnis, desto höher der Freibetrag. So steht z. B. dem Ehegatten oder dem eingetragenen Lebenspartner ein Freibetrag in Höhe von € 500.000,-, jedem Kind pro Elternteil ein Betrag von € 400.00,- zur Verfügung. Die Personen sind je nach Verwandtschaftsverhältnis in drei Steuerklassen eingeteilt. Der jeweilige Steuersatz bemisst sich neben dem Verwandtschaftsgrad nach der Höhe des überlassenen Vermögens.
Problembereich Sozialrecht
Was ist, wenn ich irgendwann ins Pflegeheim muss? Kann das Sozialamt dann meine Kinder in Anspruch nehmen, wenn ich diesen z. B. eine Immobilie geschenkt habe? Oder was ist, wenn der Übernehmer arbeitslos wird? Muss er dann die geschenkte Immobilie verwerten, bevor er „Hartz IV“ bekommt?
Das System der Sozialleistungen ist geprägt vom sogenannten Subsidiaritätsgrundsatz. Danach ist man verpflichtet, zuerst sein eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen, bevor man Hilfe von der Allgemeinheit, d. h. vom Staat, bekommt. Dabei kann das Sozialamt sogar die Rückforderung eines verschenkten Hauses innerhalb einer -> Zehn-Jahres-Frist verlangen.
Zehn-Jahres-Frist: Vergehen zwischen der Übertragung der Immobilie und der Inanspruchnahme von Sozialleistungen keine zehn Jahre, kann das Sozialamt einen Anspruch auf Rückgängigmachung der Übertragung erheben. Nach Ablauf dieser zehn Jahre hat das Sozialamt meist keine Möglichkeit mehr, auf verschenkte Immobilien zuzugreifen.
Der Übernehmer hat das Recht, die Herausgabe des Familienheims zu verhindern, wenn er dem Sozialamt Wertersatz in Höhe der verauslagten Leistungen aus seinem sonstigen Vermögen leitstet.
Muss der Übernehmer Sozialleistungen (z. B. „Hartz IV“) in Anspruch nehmen, ist auch dieser verpflichtet, zunächst eigenes Vermögen zu verwerten. Ob dazu auch die geschenkte Immobilie gehört, hängt stark von der Ausgestaltung des Übergabevertrages ab und muss im Einzelfall beurteilt werden.
Auch bei der Ausgestaltung der vorbehaltenen Rechte ist Vorsicht und Genauigkeit bei der Formulierung geboten. Es kann bei den Rechten des Übergebers ebenfalls zur Überleitung durch den Sozialhilfeträger kommen. Beispielsweise könnten beim vorbehaltenen Nießbrauch die Mieteinnahmen vom Sozialamt gepfändet und zur Kostendeckung vereinnahmt werden.
Es wird deutlich: Sowohl die Vertragsgestaltung als auch die steuerlichen Folgen sind bei der Nachfolgeplanung genauestens auszuloten. Und zwar vor der Unterschrift. Danach ist es zu spät. Es geht schließlich um Ihr mühsam erarbeitetes und erspartes Haus oder um das von Generation zu Generation weitergegebene Unternehmen. Deshalb: Sprechen Sie mit Ihrer Notarin bzw. Ihrem Notar, lassen Sie sich Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen und überlegen Sie in aller Ruhe. Denn immer gilt: Beratung inklusive.
(Quelle: Info-Broschüre des Deutschen Notarverlags in Kooperation mit der DNotV GmbH, der Servicegesellschaft des Deutschen Notarvereins)
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